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Hormonbehandlung Kinderwunsch

Kategorie: Hormontherapie-wechseljahre.de » Expertenrat Hormontherapie | Expertenfrage

13.08.2021 | 22:43 Uhr

Sehr geehrter Professor Bohnet,

ich bin neu hier, weil mir eine Bekannte empfohlen hat, mich fan Sie zu wenden, da Sie sehr hilfreiche Antworten geben. Über Ihre Hilfe wäre ich deshalb auch sehr dankbar.

Ich bin 31 Jahre alt und mein Mann und ich haben einen Kinderwunsch. Schon vor etwa 7 Jahren wurde bei mir aufgrund von stark verlängerten Zyklen, polyzystischen Ovarien und erhöhten Androgenen der Verdacht auf PCOS gestellt, obwohl ich schlank bin und keine vermehrte Körperbehaarung o.ä. habe. Ich habe seitdem die Pille Maxim genommen. Im April 2021 habe ich die Pille abgesetzt. Nachdem der erste Zyklus 31 Tage lang war, war der zweite Zyklus 40 Tage lang und im dritten Zyklus war das Chaos dann perfekt. Von ZT 10 bis ZT 50 waren alle Ovulationstests negativ und es kam keine Periode. Meine Frauenärztin hat meine Hormone bestimmt und festgestellt, dass Estriol und Progesteron viel zu niedrig waren (etwa nur 1/3 des Referenzwertes). Die Androgene und Prolaktin waren nicht erhöht. Die Schilddrüse ist perfekt (keine Über- oder Unterfunktion). Sie möchte nun meinen Zyklus mit 3 Hüben Estreva 0,1% Gel und Famenita 200 mg Kapseln in die Bahn bringen. Nun soll ich mitten im Zyklus mit 12 Tagen Estreva und Famenita beginnen, anschließend 4 Tage Pause machen, anschließend 12 Tage nur Estriol, anschließend 12 Tage Estriol und Famenita. Im darauffolgenden Zyklus will sie von Zyklustag 5 - 9 mit 1/2 Tablette Clomifen stimulieren. Mein Mann hat nächste Woche außerdem einen Termin zum Spermiogramm.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir dabei helfen könnten, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:

1. Ich bin nun an ZT 60 und an Tag 2 der Pause nach der 12-tägigen Einnahme von Estreva und Progesteron. Bis jetzt habe ich noch keine Blutung. Sollte ich trotzdem nach 4 Tagen Pause mit Estreva beginnen, so wie es meine Frauenärztin vorschlägt? Gilt das umgekehrt auch, wenn die Blutung bald auftritt und dann nach 4 Tagen noch nicht abgeklungen ist?

2. Ist es sinnvoll, "so schnell" mit einer Clomifen-Behandlung zu beginnen, da diese ja doch Risken mit sich bringt (Mehrlingsrisiko, Abgang usw.)? 

3. Ich habe von der positiven Wirkung vom Nahrungsergänzungsmittel "Inositol" gelesen. Kennen Sie dieses? Wenn ja, was halten Sie davon (zusätzlich, unterstützend)?

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Sie leisten eine tolle Arbeit in diesem Forum!

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Bisherige Antworten
Experte-Bohnet
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14.08.2021, 07:27 Uhr
Antwort von Experte-Bohnet

Gerne helfe ich Ihnen weiter! gut wäre, wenn ich einige Details hätte, z.B. Ihre Körpermaße, auch Hüfte, Taille, und Hormonwerte, z.B. LH, FSH, Östradiol, Testo, Androstendion, DHEAS, SHBG, AMH

Bei dem Zustandekommen von mikrozystischen Eierstöcken liegt u.a. eine zentrale Regulationsstörung vor, welche sich leider nach und nach aufschaukelt, wie Sie dies nach Absetzen der Pille beobachtet haben; u.a. entsteht ein erhöhter LH-Tonus; diesen zurückzudrängen gelingt leider meist nicht mit Gel und Progesteron. Einen Monat wieder ne Pille o.ä. einzunehmen wäre sinnvoll und danach auch das Auslösen mit Clomifen, was sich sehr bewährt hat. Auch kommt z.B. Letrozol in Betracht. Aber dies wäre am Hormonstatus festzumachen.

In jedem Falle sollten Sie Süßes meiden und sich schlackenreich ernähren; auch hat sich die Aufnahme von Pflanzenöstrogene bewährt, welche u.a. in Soja, Brokkoli, Mungbohnen u.v.m. enthalten sind. Auch das Trinken von 1 L grünen Tee pro Tag ist günstig.Die Anwendung von Inositol hat meines Erachtens leider keinen Durchbruch gebracht.

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14.08.2021, 11:13 Uhr
Kommentar

Ich danke Ihnen sehr herzlich für diese schnelle, ausführliche und hilfreiche Antwort!

Ich bin 1.61 groß, wiege 54 kg. Hüftumfang beträgt 90 cm, Taillenumfang 66 cm.

Leider ist meine Frauenärztin gerade im Urlaub, sodass ich nicht nach den letzten Hormonwerten fragen kann. Am Telefon hatte sie mir aber gesagt, dass Östradiol und Progesteron nur 1/3 des Referenzwertes waren und sie aus den LH- und FSH-Wert eine Steuerungsstörung schließt. Testo und Prolaktin waren dieses Mal offenbar NICHT erhöht. Gemessen wurden die Werte allerdings an ZT 30 dieses langen Zyklus von über 60 Tagen. Ich kann Ihnen aber mal die Werte von vor der Pilleneinnahme (Jahr 2014) geben (damals 11. ZT):

Östradiol: 32,0

FSH: 3,66

SHGB: 62,2

DHEA-Sulfat: 559 (+)

LH: 7,70

Prolaktin: 62,0 (+)

Insulin: 11,1

Glucose: 68,5 (-)

Testosteron/Serum: 65,0

Was schließen Sie daraus?

Die Frauenärztin möchte dann im nächsten Zyklus unter Estreva und Famenita zwischen ZT 3 und 5 nochmals Blut abnehmen und dann ab ZT 5 mit Clomifen beginnen.

Was würden Sie mir nun empfehlen zu tun? Die nächsten Hormonwerte abzuwarten und einstweilen die Estreva und Famenita fortzusetzen? Meine Frauenärztin ist nun einige Wochen im Urlaub. Sollte ich einen anderen Frauenarzt aufzusuchen? Ihre Ernährungstipps werde ich auf jeden Fall umsetzen. Vielen Dank dafür. Das ist die leichteste Übung.

Experte-Bohnet
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15.08.2021, 07:54 Uhr
Antwort von Experte-Bohnet

Sie haben eine gute Figur und die Maße sind im Verhältnis optimal!

Obwohl das LH  nicht angegeben ist, stimmt die Diagenose, dass eine Follikelreifungsstörung vorliegt, welche zentral bedingt ist. Manchmal können Stresszustände dies auslösen?!

Ich würde eher das altbewährte Cyclo-Progynova über einen Zyklus einsetzen anstelle des Gels. Nach Eintritt der Periode wäre vom 3. Zyklustag über 5 Tage eine halbe Tabl. Clomifen am Abend einzunehmen; um den 12. Zyklustag Ultraschall und Bestimmung von E2. Falls die Follikelreifung nicht ausreichend ingang gekommen ist, hat es sich bewährt, niedrig dosiert FSH zu spritzen und dann bei einem Eibläschen von ca. 2 cm den Eisprung auszulösen.

Wenn nach 3 Monaten keine SS eingetreten ist. würde ich raten, dass Sie sich bei einem Fertilitätszentrum vorstellen.

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15.08.2021, 14:33 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre Einschätzung, die mir sehr hilft! Gut, dass es Experten wie Sie gibt!

Aus Ihrer Antwort ergeben sich noch ein paar Fragen für mich:

Welchen Vorteil (für die Kinderwunschbehandlung) bietet das Cyclo-Progynova im Vergleich zu Estreva Gel und Famenita? Wenn ich mir die Bestandteile ansehe, besteht es auch aus Estradiol und einem Gestagen, oder?

Sie schreiben, dass Sie 1/2 Clomifen von ZT 3 - 7 Tage geben würden. Meine Frauenärztin hat von ZT 5 - 9 gesprochen. Ist grundsätzlich beides möglich oder ist Ihre Variante aus bestimmten Gründen erfolgversprechender?

Da meine Frauenärztin wie gesagt noch einige Wochen im Urlaub ist und ich sie erst im nächsten Zyklus auf Cyclo-Progynova ansprechen kann, muss ich dann wohl leider zunächst noch einen Zyklus mit Estreva Gel und Famenita weiter machen. Kann man im nächsten Zyklus von Estreva Gel und Famenita einfach nahtlos auf Cylo-Progynova wechseln? Sie hat mit mir die Einnahme von Estreva und Famenita genau so ausgerechnet, dass ich im September bei der nächsten Blutung an ZT 4 einen Termin zum Blutabnehmen habe und ab ZT 5 würde sie mir dann 1/2 Clomifen geben wollen und dann im Ultraschall so überwachen, wie Sie es auch vorgeschlagen haben. Könnte man zu diesem Zeitpunkt (also nach dem nächsten Zyklus mit Estreva und Famenita) auf Cyclo-Progynova umsteigen? An welchem ZT des nächsten Zyklus müsste ich Cyclo-Progynova dann beginnen? Es ist natürlich immer schwer, dem eigenen Arzt einen anderen Therapievorschlag zu machen, aber vielleicht kann ich ihr das ja "verkaufen", da ich Ihnen als Experte für Hormontherapie vertraue. 

Nochmals vielen Dank für die Zeit, die Sie sich für mich nehmen!

Experte-Bohnet
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16.08.2021, 02:23 Uhr
Antwort von Experte-Bohnet

Mit dem CP gibt es einen stabilen Zyklus, was meist mit dem Gel nicht gelingt! 

Wenn man vom 3. Zt mit Clomid anfängt, sollte der Eisprung wie gewöhnlich um den 14. Zt sein ansonsten meist mehrere Tage später!

Na na, der Hausarzt verschreibt Ihnen sicher CP! Die meisten HÄ kennen das Präp ohnehin! Aber wie Sie wollen!

Nach den Werten könnten Sie sofort mit CP beginnen, ansonsten etwa vom 3. Zt.

Alles Gute!

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17.08.2021, 13:22 Uhr
Kommentar

Vielen herzlichen Dank!

Ihre Antwort erschien mir sehr logisch, weshalb ich heute versucht habe, an CP ranzukommen. Ich konnte meine Frauenärztin doch noch einmal erreichen bevor sie ab nächster Woche im Urlaub ist (hatte das falsch im Kopf). Leider ist CP derzeit aber nicht verfügbar. Sie sagte mir, dass es auch ihre erste Wahl gewesen wäre, da es bei künstlichen Gestagenen weniger Zwischenblutungen gibt.

Seit gestern habe ich alle paar Stunden echt schmerzhafte Krämpfe der Gebärmutter, die immer etwa nach 10 Minuten nachlassen, und denke, dass sich doch eine Periode ankündigt. Bisher kommt aber gar nichts. Morgen Abend müsste ich jetzt mit Estreva weitermachen. Die nur 4-tägige Pause von Estreva und Famenita begründet meine Frauenärztin damit, dass mein LH höher als mein FSH ist. Sie schlägt jetzt vor, dass ich unabhängig ob jetzt eine Periode kommt oder nicht, morgen nach folgendem Schema weitermachen soll: 1. Tag zwei Hübe Estreva, 2. - 4. Tag drei Hübe Estreva, ab 4. Tag vier Hübe Estreva. Nach 12 Tagen soll ich 12 Tage 4 Hübe Estreva mit 200 mg Famenita nehmen. Dann wieder 4 Tage Pause usw. Am 3. ZT nach dem nächsten Zyklus dann Blutentnahme.

Halten Sie das dann unter den Umständen, dass CP leider momentan nicht verfügbar ist, auch für eine angemessene Behandlung?

Und noch eine letzte Frage: Im Beipackzettel steht, dass man Famenita Weichkapseln oral vor dem Schlafengehen nehmen soll, im Internet liest man aber, dass auch vaginale Einnahme möglich ist. Kann bzw. soll ich sie oral oder vaginal nehmen?

Experte-Bohnet
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19.08.2021, 14:49 Uhr
Antwort von Experte-Bohnet

Ich verstehe, dass Ihre FÄ die GBM-Schleimhaut richtig aufbauen und dann abbluten lassen will. Aber ob dies dann effekt hat, das erhöhte LH herunter zu drücken, kann ich nicht sagen, weil ich dieses Schema nie angewendet habe. Mit dem CP gelingt dies schon eher. Es gibt auch andere Präps, aber ich will und kann da nicht total dazwischen funken. Das Progesteron gibt es Kapsel mit dem Zusatz "luteal", welche am besten vaginal angewendet werden.  Ansosnsten können die Kapseln natürlich auch ca. 1 Std. vor dem zu Bett gehen eingenommen werden; sie machen müde und fördern ggf. den Schlaf.